2.1.2006

 

Greven. Links neben dem Schreibtisch hängt an der Wand ein Jahresplaner und Fritz Pölking war mit dem Textmarker schon ziemlich fleißig. Die gelben Balken, über das Jahr 2006 verteilt, bedeuten: Kenia, Florida, Brasilien, Grafenau, Rügen, der Yosemite Nationalpark in Kalifornien. Und das sind nur einige der Foto-Exkursionen, die am Jahresende 2005 feststehen. Es kommen bestimmt noch weitere hinzu. Fritz Pölking ist nach 50 Jahren Naturfotografie so unternehmungslustig wie eh und je. Neue Bücher, neue Buchprojekte, Fotoreisen, Workshops, der Grevener Naturfotograf steckt; wie immer, voller Pläne. Als er vor Jahren gefragt wurde, warum er sich eine besonders strapaziöse Fototour angetan hat, sagte der Grevener: „Einer muss es ja machen" - das ist sozusagen das Pölkingsche Credo. *

Da ist der Umstieg auf die Digitalkamera schon beinahe eine Selbstverständlichkeit. Nicht, weil sie modern ist oder weil die Fotoindustrie behauptet, nun würden die guten Bilder von ganz allein entstehen (gegen solche Einflüsterungen ist Fritz Pölking, wie eigentlich jeder Profi, sowieso immun). Sondern weil sie das „Machen" erheblich erleichtert. 2004 hat Pölking seine analogen Canon-Gehäuse gegen die digitalen Spitzenmodelle des Marktführers getauscht.

Die direkte Bildkontrolle ist der entscheidende Vorteil der Digitalfotografie, sagt Pölking. Fotografieren, das Bild anschauen, Fehler erkennen, korrigieren und an Ort und Stelle ein neues Bild fotografieren - früher ein Ding der Unmöglichkeit, heute der Alltag Im Lande „Digitalien".

 „Digitales Polaroid" nennt Pölking diese Arbeitsweise. Und sagt zu den Zeiten; als Diafilme das Standardmaterial in der Naturfotografie waren: „Eigentlich hat man sein ganzes Leben lang blind fotografiert." Da wusste man erst nach Ende der Fotoreise, ob sie sich wirklich gelohnt hat = wenn die entwickelten Filme auf dem Leuchtpult lagen.

Das verstaubt inzwischen nicht nur bei Pölking ganz unten im Regal. Mindestens 50 Prozent der Naturfotografen in Deutschland sind auf Pixel und PCs umgestiegen, schätzt er. Und blickt immer noch ein wenig verwundert zurück: „Ich hätte nicht gedacht, das es so schnell geht." Denn noch vor zwei, drei Jahren war die digitale Fotografie kein Thema für qualitätsversessene Fotografen; allenfalls in der Pressefotografie hatte das digitale und damit schnelle Bild die Nase vorn.

Mit der Einführung von hochklassigen Kameras wie der Canon 1 Ds Mark II oder der Nikon D2x schlägt nun auch bei den Naturfotografen die letzte Stunde des Dias. Viele Bildagenturen weigern sich inzwischen, Diamaterial anzunehmen. Immer mehr Siegerbilder bei renommierten Naturfoto-Wettbewerben sind digitale Bilder.

Das Vorurteil der geringeren Qualität ist damit vom Tisch. Bleibtt noch die weitverbreitete Ansicht, digitales Bildmaterial  sei leichter zu verfälschen als Fotografien auf Film. Auch dazu hat Pölking eine klar formulierte Meinung: „Wer manipulieren will, konnte das auch schon früher tun", und erinnertet an die allseits beliebten Fotos  von Vogelschwärmen vor der untergehenden Sonne  - Bilder, die so in der Natur nicht existierten, sondern erst im Diatiüplikator aus zwei einzelnen Fotos zum Leben erwachten.

Und dann ist da noch das Vorurteil: Digitale Bilder machen weniger Arbeit. Falsch, sagt Pölking, das gilt allenfalls für Amateure. Wer das Maxium an Qualität haben möchte, kommt um die zeitaufwendige Bearbeitung der Fotos am Computer nicht herum.

Bilder sortieren, eventuelle Flecken retuschieren (die Sensoren der Kameras sind wahre Staubfänger), Farben und Tonwerte korrigieren, die fertigen Bilder so archivieren, dass sie nicht im Datenwust verloren gehen - der Kür hinter der Kamera folgt  die Pflicht am Computer. 

Spaßeshalber hat Pölking mal nachgerechnet, wie hoch der Zeitaufwand ist, wenn er aus einem Aufnahmetermin das .digitale Spitzenfoto herausfiltert und archiviert:  „Ich brauche etwa 45 Stunden direkten Zeitaufwand, um ein Foto zu machen, das mir selber gefällt... Mahlzeit." 

Aber es gibt noch das andere Pölking-Wort: 
"Einer muss es ja machen".                                                                                                                                                   

Ulrich Gunka, 31.12.2005  Grevener Zeitung - Münstersche Zeitung

 

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